Pressemeldungen

Land aus Wein und Stein

Höhepunkte der deutschen Weinkultur

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Die Höhepunkte der Weinkultur sollen besonders jenen Menschen außerhalb der Wein­regionen bekannt machen, dass Deutschland ein Weinland mit einer über zweitausend Jahre alten Weinkultur ist. Sie hat die Menschen sowie die Land- und Ortschaften nachhaltig geprägt. „Unsere Höhepunkte sind lebendige Zeitzeugen dieser Weinkultur und bieten für Touristen spannende Anlaufpunkte, um sich mit dem Thema zu beschäftigen“, erläuterte die Geschäftsführerin des DWI, Monika Reule, die Idee.

Eine unabhängige Jury hat aus über 100 eingereichten Vorschlägen in diesem Jahr 40 weinkulturelle Höhepunkte ausgewählt. Im nächsten Jahr wird eine gemeinsame Broschüre diese besonderen Orte zusammenfassen.

 

Höhepunkte der Weinkultur:
Die Weinbergshäuschen von Saale-Unstrut - Ensemble Schweigenberg
Sie sind das Markenzeichen der Weinbauregion Saale-Unstrut: die Weinbergshäuser. Wohl in keiner Region in Deutschland gibt es eine so hohe Dichte von Häusern, Hütten und manchmal sogar richtigen Villen. 

Mehrere Hundert Weinbergshäuschen werden in der ganzen Region geschätzt, darunter regelrechte Kleinode ihrer jeweiligen Epoche. Als ältestes datiertes Beispiel gilt ein Fachwerk-Türmchen in der Lage Steinmeister bei Rossbach, der "Steinkauz" aus dem Jahre 1555.

Die höchste Dichte an Weinbergshäusern aber weist der Freyburger Schweigenberg auf: Allein hier finden sich auf rund 20 Hektar Fläche ganze 90 Weinbergshäuschen, entstanden zwischen 1700 und 1800.

Der Freyburger Schweigenberg ist der wohl bekannteste Terrassenweinberg der Region: Die rund 25 Hektar große Fläche ist in fünf bis zehn übereinander liegende Terrassen gestuft und in zahlreiche kleine und kleinste Parzellen untergliedert – ein wahres Kulturdenkmal für diese traditionelle Bewirtschaftungsform. Mehr als 40 Winzer bewirtschaften heute auf 65 Flurstücken insgesamt rund zwölf Hektar bestockte Rebfläche. Auf ihnen finden sich rund zehn Kilometer Trockenmauern, etwa fünf Kilometer Umfassungsmauer, einige hundert Meter Treppenanlagen – und eben die rund 90 Weinbergshäuser, Gebäude und Hütten.

Sie dienten ursprünglich natürlich zum Schutz der Arbeiter im Weinberg, zur Rebenwacht und zur Aufbewahrung von Arbeitsmaterialien. Das erklärt auch die hohe Dichte im Schweigenberg: weil der Berg in viele kleine Parzellen unterteilt war und viele Winzer hier arbeiteten, errichtete jeder sein eigenes Häuschen. Weil der Schweigenberg nie Opfer der Flurbereinigung wurde, haben sich die Häuser in ihrer Vielzahl erhalten.

Später entwickelten sich die Weinbergshäuschen zu Orten der Geselligkeit, oft fanden hier Weingesellschaften des Besitzers statt. Mit der Zeit entstanden Bauten, die nach repräsentativen Vorstellungen und Baustilen geformt wurden, und zuweilen entstanden reine Repräsentations- oder Wohngebäude. Dazu gehört etwa die 1722 erbaute Villa des Hofjuweliers Carl Gottlieb Steinauer, der dieses repräsentative Wohnhaus über seinem Weinberg errichten ließ. Zu Repräsentationszwecken wurde auch die pompöse „Schlifterhütte“ im Freyburger Schlifterweinberg erbaut, von den Besitzern der Rotkäppchen Sektkellerei Förster und Kloss. Zu den beeindruckendsten Vertretern gehört außerdem das Rokokoweinbergshaus im Herzoglichen Weinberg in Freyburg. Das um 1774 vom kursächsischen Steuereinnehmer Carl Gottlieb Barthel erbaute sechseckige Gebäude besticht durch sein Fachwerk, sein französisches Dach und ein tonnengewölbtes Kellergeschoss.

Das berühmteste aller dieser Weinbergshäuser aber ist das "Toskanaschlösschen", gelegen im Freyburger Schweigenberg: das Kleinod wurde gerade restauriert und ist zum Wahrzeichen der Weinbergshäuser überhaupt geworden. 

Höhepunkte der Weinkultur:
Steinernes Bilderbuch - Albumblätter für den Wein

Es war in der Zeit des Rokoko große Mode: das geschriebene oder gemalte Albumblatt, das sich dem Wein widmete oder der Jagd. Vor den Toren von Naumburg, im Blütengrund beim Stadtteil Großjena, liegt ein solches Album in der wohl ungewöhnlichsten Form: An einer großen Sandstein-Terrassenmauer, inmitten eines Weinbergs, prangen zwölf mehr als mannshohe Bildreliefs in der Steinwand. Das Steinerne Bilderbuch ist eines der ungewöhnlichsten Denkmäler für den Wein, und das größte Bildrelief im europäischen Raum, das je in ein stehendes Felsgestein gearbeitet wurde.

 

Urheber war der Juwelier Johann Christian Steinauer, der ab 1705 in Naumburg als Hoflieferant von Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels zu Reichtum kam. So beschloss Steinauer um 1720, einen Weinberg zu erwerben. Als Huldigung an den Herzog aber kam ihm aus Anlass von dessen zehnjährigem Thronjubiläum die Idee, ein Relief aus den Felsen seines Weinbergs heraus arbeiten zu lassen. Der Bildhauer ist unbekannt, doch er schuf ein Meisterwerk: Auf einer Länge von 150 Metern entstanden zwölf Szenen, von denen zehn Geschichten aus der Bibel darstellendie beiden übrigen zeigen eine Fuchsjagd sowie das Reiterbild Herzog Christians.

 

Sechs der Reliefs drehen sich um Weingeschichten aus der Bibel. Da wird die Berauschung Lots durch seine Töchter dargestellt, Noah als erster Weinbauer, Christus in der Kelter, Josua und Kaleb, die mit einer schweren Weintraube zurückkehren sowie das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg des Herrn. Bild Nummer fünf zeigt die Hochzeit zu Kanaa, wo Jesus der Bibel nach Wasser in Wein verwandelte – samt einer Inschrift: "Gott macht immer aus Wasser Wein/ Gesegnet ist die Frucht/ Verdammt soll der Mischer sein/ der nicht Erquickung sucht."

 

Im Fundament von Steinauers Villa oberhalb des Weinbergs aber wurde im Jahr 1913 ein spektakulärer Fund gemacht: Vier Flaschen Wein der Jahrgänge 1678, 1680 und zwei Mal 1687 kamen zutage. Die Flasche des Jahres 1678 steht seither als älteste gefüllte Weinflasche aus Deutschland im Weinmuseum in Speyer. Eine Flasche des Jahrgangs 1687 wurde in Berlin verkostet, die aus dem Jahr 1680 in Naumburg. Die letzte Flasche behielt der damalige Eigentümer Meder – sie ist seither verschwunden. Die "Naumburger Flasche" von 1680 befindet sich heute im Besitz des Stadtmuseums Naumburg.

 

Höhepunkte der Weinkultur:
Rotkäppchen Sektkellerei - 150 Jahre Sektgeschichte mit Cuvéefass

Der Sekt mit der roten Kappe ist ein Markenzeichen für Deutschland: Rotkäppchen Sekt. Die Brüder Moritz und Julius Kloss gründeten zusammen mit ihrem Freund Carl Foerster am 26. September 1856 die Weinhandlung Kloss & Foerster in Freyburg an der Unstrut. Die ersten 6000 Flaschen wurden in einer Wohnung im Hinterhaus der Familie Kloss abgefüllt – die erste Flasche Sekt wurde zur Heirat von Julius Kloss mit seiner Verlobten Emma Gabler am 17. Juni 1858 geöffnet. Das Unternehmen war enorm erfolgreich - schon zehn Jahre später, 1867, konnten die Freyburger Winzer die erforderliche Menge an Wein nicht mehr liefern, es musste Most aus Württemberg und Baden zugekauft werden. 1870 wurden bereits 120 000 Flaschen produziert.

 

1894 lieferte sich ein französisches Champagnerhaus einen Rechtsstreit mit Kloss & Foerster um den Namen "Monopol" – die Bezeichnung für die erfolgreichste Sektlinie. Der Name ging an die Franzosen und Kloss & Foerster benannten fortan ihren Sekt nach der roten Kapsel, die Geburtsstunde der Marke Rotkäppchen, und ließen sie am 15. Juli 1895 als Warenzeichen eingetragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Familie Kloss im Juli 1948 enteignet, die Sektkellerei als Volkseigener Betrieb Rotkäppchen-Sektkellerei Freyburg/Unstrut weiter geführt. Im Jahr 1988 werden allein 15 Millionen Flaschen abgefüllt.

 

Nach der Wende droht Rotkäppchen in der Versenkung zu verschwinden – im 2. Halbjahr 1990 werden nur noch 1,8 Millionen Flaschen verkauft. Die Sektkellerei arbeitet erst einmal unter der Treuhand weiter, bis 1993 Leitende Mitarbeiter mit der Unterstützung der Familie Harald Eckes-Chantré den Schritt eines Management Buy Out wagen. Der Mut und der große Einsatz zahlte sich in den Folgejahren aus: Rotkäppchen gehört heute wieder zu den größten Sektkellereien in Deutschland und seit 2002 konnten von „Deutschlands Haus aus Sekt, Spirituosen und Wein“ Sektmarken wie Mumm und Spirituosenmarken wie Chantré übernommen werden.

 

Die Architektur der Kellerei spiegelt bis heute ihre Geschichte: Die Gebäude in der Freyburger Sektkellereistraße 5 sind ein Industriedenkmal allerersten Ranges. Besonders beeindruckend ist der 1893 erbaute, rund eintausend Quadratmeter große  Lichthof mit seinem freitragenden Glasdach, damals und auch heute noch eine architektonische Sensation. Auch die Keller sind sehenswert: 1887 wurde mit dem Bau begonnen, fünf Stockwerke tief reichen sie in das Muschelkalk-Gestein hinunter und bietet 13 000 Quadratmeter Platz. Im 1896 angebauten Domkeller steht das Prunkstück des Hauses: Das größte geschnitzte Cuvéefass Deutschlands. Das riesige Fass wurde 1896 von dem Küfer Georg Feldmann aus dem Holz von 25 Eichen erbaut. Fortan konnten 120 000 Liter Wein auf einmal vermischt werden, die jeweils 160 000 Flaschen einer Sektsorte füllten. Mit über 100.000 Besuchern pro Jahr ist die Sektkellerei in Freyburg ein großer Besuchermagnet.

 

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